Ekzteins Gedanken
"Ekzteins Gedanken" Der Podcast bietet Menschen mit Interesse an Fragen nach christlicher Spiritualität Impulse. Andachten, Predigten, Information und Einblicke in die eigene Spiritualität. Gastgeber ist Markus Nietzke. Vielen Dank für´s Zuhören!
Ekztein's Musings - This podcast offers inspiration to people with an interest in questions about Christian spirituality. Devotions, sermons, information and insights into their own spirituality. The host is Markus Nietzke. Thank you for listening!
"Ekztein se Gedagtes" Hierdie podcast bied impulse aan mense aan wat belangstel in vrae oor christelike spiritualiteit met oordenkinge, preke, inligting en insigte.
Ekzteins Gedanken
Pflanzen hat seine Zeit...
Andacht, bzw. Predigt zum Männersonntag der EKD am 19. Oktober 2025 zu Prediger 3,2. Sonderausgabe von Ekzteins Gedanken -Podcast.
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Mail: nietzke@selk.de
Thanks for listening & be blessed!
Danke fürs Zuhören. Gottes Segen!
Music: Created with Suno (AI) / Musik teils erstellt mit KI / @ Pixabay Music
In Some Podcasts: K.G. Gerster / Radulatis
🌾 Predigt: „Alles hat seine Zeit“ – Männersonntag, 19. Oktober 2025 (Kohelet / Prediger 3,2)
Ein Garten in der Morgendämmerung. Der Nebel hängt tief, der Boden dampft leicht. Ein alter Gärtner steht mit einer Schaufel in der Hand, beugt sich über die Erde. Ein junger Nachbar – fast noch ein Kind – tritt hinzu.
Junger Nachbar: Warum stehst du denn schon so früh hier draußen?
Alter Gärtner: Der Boden spricht meiner Erfahrung nach am Morgen lauter.
Junger Nachbar: Ich sehe nur Erde. Wie meinst Du das?
Alter Gärtner (lächelnd): Stimmt, man sieht nur Erde. Aber im Boden ruht etwas, was noch kommen wird.
Junger Nachbar: Ich verstehe das nicht.
Alter Gärtner: Du wirst es bald verstehen. Pflanzen hat seine Zeit. Pflanzen ausreißen hat seine Zeit. Alles hat seine Zeit.
Einen Moment lang herrscht Stille. Dann beginnen Glocken zu läuten. Der alte Mann widmet sich seiner Gärtnerarbeit.
Ihr Lieben, wir erkennen uns selbst in dieser kleinen Szene – in der Sehnsucht, zu verstehen, warum manches wächst und anderes nicht.
Manchmal spüren wir: Da ist etwas im Werden, auch wenn man’s noch nicht sieht. Dann wieder resignieren wir: „Es wird wohl nichts daraus.“
Vielleicht ist es gerade das Stehenbleiben, das Zuhören, das Warten, in dem Neues sichtbar wird.
Heute hören wir Worte aus dem Buch Kohelet, auch genannt Prediger Salomo: „Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit.“
Zwölf Gegensätze nennt Kohelet – vom Geborenwerden und Sterben bis zu Krieg und Frieden. Es ist, als wollte er uns sagen: Das Leben ist in Bewegung – ein Rhythmus zwischen Werden und Vergehen, zwischen Hoffnung und Resignation. Manches lässt Leben wachsen, anderes engt es ein. Manchmal fühlt sich diese Zwischenzeit sinnlos oder leer an. Kohelet lädt uns ein, das nicht als Niederlage zu sehen, sondern als Teil des Ganzen: Leben und Tod, Weinen und Tanzen, Schweigen und Reden – alles hat seine Zeit.
Wenn man genauer hinhört, merkt man: „Zeit“ meint hier nicht Minuten oder Stunden. Gemeint ist die richtige Zeit – der göttlich gesetzte Augenblick. Nicht der Mensch macht ihn, sondern Gott schenkt ihn.
So war es, als Gott seinen Sohn in die Welt schickte „nachdem Gott vorzeiten geredet hatte durch den Mund der Propheten“ (Hebr. 2,4)
Die Bibel erzählt von vielen Männern, die mit Saat und Ernte, mit Hoffnung und Geduld zu tun hatten: Kain – der erste Ackerbauer, der lernen musste, dass Arbeit ohne Beziehung leer bleibt. Noah – der Winzer, der nach der Flut neu begann. Boas – der Landbesitzer, der durch Großzügigkeit Ruth und Noomi zum Segen wurde. Jesus, der Gleichnisse vom Säen und Ernten liebte.
Diese Männer kannten den Rhythmus des Lebens: Säen und Ernten, Warten und Hoffen, Verlieren und Neuanfangen. Ihre Hände waren rau, aber ihr Herz offen. Sie lebten im Takt der Natur – harte Arbeit, aber auch Pausen, in denen man einfach wartet. Ein Rhythmus, den Gott selbst gesetzt hat.
Heute dagegen scheint dieser Lebensrhythmus verloren zu gehen. Wir leben in einer Welt, die sich ständig beeilt – und doch erschöpft ist. Wir managen Zeit – aber haben wir sie noch? Verstehen wir sie noch? Manche halten Schritt, andere stolpern. Vielleicht ist dies ein Grund, warum uns Kohelet heutzutage besonders anspricht. Wie viel Gelassenheit schwingt da in diesen wenigen Worte mit: „Pflanzen hat seine Zeit – ausreißen, was gepflanzt ist, hat sein Zeit.“
Natürlich wissen wir aus Erfahrung: Das ist nicht selbstverständlich. Es gibt Jahre, in denen die Ernte mager ausfällt – auf dem Feld, im Beruf, in der Familie, im eigenen Leben. Unwohlsein, Krankheit, die Mühen des Alters – das kann zermürben. Aber wir leben aus Gottes Hand. Er schenkt Fülle, wenn wir ein Stückchen Himmelsbrot essen und einen Schluck aus dem Kelch des Heils trinken.
Ein Blick in die Gedanken moderner Lebensführung kann helfen. Stephen Covey beschreibt in The 8th Habit die Entwicklung menschlicher Arbeit und Sinnsuche. Er unterscheidet die Epochen: das Überleben in der Agrarzeit, das Streben nach Leistung in der Industriezeit, die Informationsgesellschaft – und schließlich das Zeitalter der Bedeutung. Heute suchen Menschen nicht nur Produktivität, sondern Sinn, der trägt.
Über Sinnsuche nachzudenken, ist nicht jedermanns Sache. Mir hilft dabei das Bild vom alten Gärtner. Er arbeitet – ja, aber mit dem Bewusstsein, dass alles in den Rhythmus der Schöpfung eingebettet ist. Er tut, was möglich ist, und überlässt das Wachsen Gott. Für ihn ergibt das Sinn.
Der junge Nachbar – das bist vielleicht du, das bin manchmal ich. Wir sind Kinder einer Welt, die glaubt, alles kontrollieren zu können. Wir lernen früh: Erfolg ist planbar. „Nur Ergebnisse zählen!“, sagt. Aber was passiert, wenn Pläne scheitern? Wenn der Boden trocken bleibt? Wenn uns der Sinn des Ganzen entgleitet?
Selbst der beste Gärtner wird müde. Man hat gesät, gehofft, gebetet – und doch scheint nichts zu wachsen. Resignation legt sich wie ein Schatten aufs Herz. „Ich kann nicht mehr. Es bringt ja doch nichts.“ Kohelet kennt dieses Gefühl. Er sagt nicht: „Mach ruhig weiter, das wird schon!“ Er sagt: „Pflanzen hat seine Zeit…“ Auch das Nicht-Können, das Warten, das Schweigen. Zwischen den Zeilen klingt die Gewissheit: Alles hat seine Zeit.
Manche sagen: Ich will einfach funktionieren, nicht nachdenken. Aber irgendwann stellt sich die Frage doch: Wofür das alles? Da kann Glaube neu beginnen:
a) Wer sich erinnert, woher er kommt, entdeckt: Ich bin mehr als meine Leistung. Ich bin gewollt – von Gott. Wie ein Same, der in der Hand des Gärtners Hand ruht, ehe er ausgesät wird.
b) Nicht alles kann man sich ausdenken, manches muss man einfach konkret in die Hand nehmen und erledigen. Ein kleiner Anfang genügt: ein Gebet, die helfende Geste, eine Umarmung. Hoffnung kehrt oft zuerst in die Hände zurück, bevor sie das Herz erreicht.
c) Arbeiten und Ruhen, Suchen und Lassen, Leben und Sterben – alles hat seine Zeit. Gottes Antwort auf die innere Erschöpfung lautet: „Du musst nicht immer – ich bin doch da!“
Die Bibel kennt keinen Terminkalender, sondern Rhythmen: Saat und Ernte, Warten und Wirken, Schweigen und Sprechen. Stephen Covey sagt: Der Mensch findet seine Stimme, wenn er Sinn und seinen individuellen Beitrag in der Gesellschaft erkennt. Kohelet würde ergänzen: Er findet Frieden, wenn er begreift, dass dieser Sinn ein Geschenk bleibt. Ein Geschenk Gottes. Vielleicht ist das die Brücke zwischen alter Weisheit und moderner Welt: Nicht alles muss effizient sein – manches darf einfach sein und ‚nachreifen‘ im Bilde gesprochen. Im Psalm 31,16 heißt es: „Meine Zeit steht in deinen Händen.“ Der Prophet Jesaja 40,31 verheißt: „Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler.“ Jesus erzählt in Markus 4,26–29 vom Acker: „Die Saat geht auf und wächst – der Landwirt aber weiß nicht wie.“
Das ist der Schlüssel: Wir wissen nicht, wie Gott Neues schafft. Aber wir dürfen glauben, dass er es tut.
Es ist inzwischen Abend geworden im Garten. Die Sonne sinkt. Der alte Gärtner und sein junger Nachbar sitzen nebeneinander. Sie trinken Tee.
Junger Nachbar: Weißt du, manchmal frage ich mich, ob das alles noch Sinn hat – dieses Warten, dieses Hoffen.
Alter Gärtner: Das hast du schon einmal gesagt, als wir die alten Wurzeln ausgegraben haben.
Junger Nachbar (leise): Früher dachte ich, wenn man alles richtig macht, bleibt es grün.
Alter Gärtner: Und heute?
Junger Nachbar: Heute glaube ich, dass manches einfach seine Zeit braucht – und dass ich nicht alles verstehen muss.
Alter Gärtner (nickt): Genau. Wir säen, wir warten – und das Wachsen liegt bei Gott.
Junger Nachbar (lächelnd): Dann also: weiterpflanzen.
Alter Gärtner: Weiterpflanzen – und dem Himmel die Sonne überlassen.
Vielleicht ist der alte Gärtner in uns allen der Teil, der gelernt hat, zu warten. Und der junge Nachbar – der Teil, der glaubt, dass alles möglich ist. Wenn beide miteinander reden, entsteht Hoffnung. Dann wächst etwas Neues – vielleicht nicht sofort sichtbar, aber gewiss. Pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit.
Gott schenke dir Vertrauen in den Rhythmus des Lebens, Geduld im Wandel, Freude am Wachsen und Mut, loszulassen, wenn es Zeit ist. Unsere Zeit liegt nicht nur in unserer Hand, aber gewiss in Gottes guten Händen.